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der wallensteingraben
ist ein wirklich faszinierender wasserweg der sich durch meine heimat und meine kindheit und mein jetzt bewegt, vom schweriner see in den wismarer hafen.
ein wenig künstlich ist er, ein wenig mehr natürlich. eine quelle hat er nicht, er verlässt einen grossen see und fliesst in ein kleines meer.
und er ist schlecht zu sehen: es gibt fast keine wege an seinen ufern entlang, statt derer oftmals mooriges und meist undurchdringbares gestrüpp. der bach entzieht sich der beobachtung sehr geschickt und vehement.
so wollt ich neulich mal von dorf mecklenburg nach wismar an seinen ufern wandern und hielt das nach ausgiebiger sichtung vorhandenen kartenmaterials für sehr wohl möglich…jedoch die realität versagte mir mein vorhaben: deutlich war der lauf des wassers schon von weitem durch seine ufervegetation im flachen mecklenburger wellenland erkennbar und dorthin ging ich dann… aber nix und niemand hat den parallel zum zielobjekt mal angelegten graben mir vorhergesagt. wohl ein überbleibsel der melioration verwehrt dieses kunstprodukt tief ins land geschnitten und verschilft den zugang.
nur wenig wasser führt er, aber zum rüberspringen ist er denn doch zu breit, zu matschig an seinen rändern… zumindest wenn man alt und schwer berucksackt ist… und selbst wenn der sprung gelänge wäre der springer danach in schon ewig sich selbst überlassener vegetation zwischen ihm und dem objekt der begierde gefangen und könnte nich wirklich was anfangen mit dem resultat des wagemuts … und müsste dann zurück und wieder springen. sehr sehr schön!
drum folgte ich dem randgewässer fast ´ne stunde lang bis endlich tat sich auf ein pfad mit brücke hin zum graben:
ja, da war er dann, der wallensteingraben! hurra!
paar fotos und die erkenntnis, dass nur wenig machbar ist: kein weg am ufer lang, alles dicht!
aber ein gefallener baum lag so am ufer rum, dass man ihn nutzen könnte zum drauf sitzen und fotografieren und pausenzigaretterauchen und pause machen…hab ich aber alles nicht gemacht, weil mehr bach ich wollte
deshalb zurück aufs feld am rand des randgewässers….aber schön zu sehen war, dass das gegenüberufer wohl ein begehbares ist! drum der beschluss: weitergehn bis brücke kommt! und dann am anderen ufer zurück und endlich lang am bach! geh ich eben nicht nach wismar sondern zurück zum bahnhof. es ist ja eh der weg das ziel und nicht das ziel…
und das dorf ist ja auch schon zu sehen, kann also nicht mehr weit sein bis zur brücke…
denkt der wanderer, jedoch: er irrt:
in planwirtschaft beschlossenne meliorationale notwendigkeit ist tief ins uferland gegraben worden und hat sich gut erhalten bis heut. notwendig ist sie wohl nichtmehr jetzt, aber vorhanden.
also vom graben am rand des wallensteingabens ziehen sich mehrere gräben ins feldland drumherum….vom feldland drumherum sind viele gräben zum graben hin gegraben worden.
egal wie mans dreht: ich komm da nicht rüber und muss aussen rum…
also eigentlich könnte man auch da wieder rüberspringen…aber dieses altermannmitrucksackding…
und ich hab ja zeit und geh aussen rum weil ich der alte mann mit rucksack bin. und zeit. und freude an dem, was ich da grade mache. und überhaupt…
und so bin ich denn irgendwann an der strassenbrücke der b106 und am andern ufer.
der direkte weg vom bahnhof dorf mecklenburg bis hier wär wohl so 10minuten gewesen, aber wer will schon direkt.
jedenfalls ist an dieser strassenbrücke auch das agrarmuseum und da war ich noch nie drin, glaub ich, aber der vorplatz weckt erinnerungen an lange zurückliegendes. das gefällt mir gut! und wieder freue ich mich, dass eigentlich nur der weg zählt…und ich irgendwann sowieso da bin, wo ich sein will, soll oder kann…
noch aber nich: ich hab ja vorhin gesehen, dass das gegenüberufer gut begehbar scheint und kämpfe mich in vorfreude vom agrarmuseum über die leitplanke der 106 durch brennesselfelder über wiesenacker ganz euphorisch dahin. der bauer hat nicht ganz bis zum wallensteingraben seine feldfruchtige existenzgrundlage geschaffen: er hat den uferstreifen ca. 10meter breit dem fluss gelassen. und, was soll ich sagen, der hats genutzt und sich ordentlich zugeschilft, meterhoch und sumpfig: ich komm nicht an ihn ran! ein wirklich geiler bach!!!
und so gehe ich verzückt (wieder so ein schönes wort) an seinem schilfrand lang und versuche mehrmals da durch an ihn ranzukommen…aber er lässt mich nicht! erst an der stelle, an der ich auf dem hinweg sein gegenüberufer als ein begehbares eingeschätzt habe erlaubt er mir einen kurzen blick, ein paar fotos…wie am gegenüberufer…
aber irgendwann gehts dann doch: hinter einer gruppe alter wunderschöner weiden wird in einem bogen des baches der schilfgürtel unerwartet schmal und sein ufer fest. paar 100meter kann ich direkt am ufer fotografieren bis bauers elektrischer weidezaun der lage angepasst so dicht an den wasserlauf wie möglich gesteckt wieder das direkte weitergehen am ufer verwehrt. dazu noch das warnschild: “Freilaufender Bulle! Lebensgefahr!”
das ist doof… doch sehe ich schweifenden blickes übers umzäunte weideland offenen zugangsweg zum angedrohten bullen und schliesse daraus nichtvorhandensein des gehörnten und stromlosigkeit des weidezauns und übersteige den rebellisch. …oder heldenhaft? er liegt am boden
heldenhaft!, definitiv!
jedoch nach weiteren hundertmetern kommt schon wieder son schild und der zaun dazu ist nicht unterbrochen und das vieh dahinter wirklich vorhanden, wenn auch weit weg. es sieht erst so aus, als ob zwischen stromzaun und wallensteingraben ein vorwärtskommen möglich, eine gehbare schneise vorhanden ist…aber als ich dann da bin ist das wieder das altermannmitrucksackding…
nun denn, folgen wir dem weidezaun weg vom graben, wird schon irgenwie gehn….
nahtlos geht stromzaunumrandetes bullenrevier in nicht mehr blühenden raps über. der steht verdammt dicht und brusthoch. krasses zeug, hätt nicht gedacht, dass da durchzugehen sone anstrengende sache werden kann. dies ist wahrlich nicht das erste rapsfeld, durch das ich krauche, aber sicher das dichteste. aber ich kann die spuren der saateinbringenden maschine erkennen und muss nur bis dahin, da hab ich dann einen weg.
schon manchmal hab ich über sinn und notwendigkeit gps-gesteuerten landwirtschaftlichen maschinenparks gegrübelt und weiss auch jetzt noch nicht, was ich davon halten soll, aber hier im dichten raps erleichtert der mir mein vorwärtskommen immens: alle auf diesem feld arbeitenden maschinen benutzen die selben spuren, für die aussaat, für die ernte, für den pflug, für die egge, für die gülle…und das jedes jahr. logisch, dass dann auf den spuren nix mehr wächst, aber es entstehen wege. und schön parrallel zu jeder biegung feldes randes lauf ich ganz bequem. is schon doll!
ach ja, bisher vergessen zu erwähnen hab ich, dass ich neulich son tarn-t-shirt erwarb, dass ich heute anhab. sowas hatte ich noch nie, weiss jetztaber, dass das ne feine sache ist: der maschinenparkweg fällt in einer kurve in eine senke, in der sich wasser von feldes wölbung matschig gesammelt hat, die feldfrucht ist hier licht, sie mag den matsch wohl nicht. ein reh steht da und sieht mich kommen und versteht wohl nicht so richtig was es da sieht oder eben nicht sieht, weil das ja ein tarn-t-shirt anhat. jedenfalls komm ich verdammt dicht ran an das tier, viel dichter, als ich das gewohnt bin. und das gefällt mir natürlich richtig gut!
mal ging ich mit ausgebreitetem stativ, mein gesicht hinter draufgeschraubtem fotoapparat, das auge am sucher, langsam auf ein rehtier zu und stellte damals ähnliches verhalten wie heute hier fest und schlussfolgere daraus, dass wildes tier (zumindest reh) den mensch als feind erkannt hat und erkennt, wenn er aussieht wie mensch. wenn er aber nicht eindeutig als er erscheint, ist reh eher neugierig als ängstlich.
ich werde das weiter verfolgen. und berichten.
weit weg bin ich inzwischen vom graben der begierde, aber immernoch so dicht dran, wie geht, wenn man nur ein wanderer ist ohne wathosen und mit “angst” vor freilaufenden bullen. die gegend ist weit und wenig mit wald bewachsen und sehr schön wellig, sodass man ständig neue blickwinkel und perspektiven hat zwischen “berg” und tal.
wohl wollte ich der maschinenschneise folgen, bis auf den weg sie trifft, der die maschinen von da, wo sie stehen, wenn niemand sie braucht, auf den acker leitet. jedoch entdecke ich von einer feldhügelkuppe aus ein angehendes riesieges mohnfeld und auch einen weg daneben und breche durch die schneise und ihren dichten raps dahin. auch weil das grob die richtung ist, die zurück zum wallensteingraben und auch nach hause mich bringt.
viele fotos später erreiche ich gut gelaunt den asphalt nach petersdorf, von dem ich kurz vorm dorf auf altbekannte waldpfade abbiege und am bahndamm entlang, an mikelenburgs resten vorbei, bald am bahnhof dorf mecklenburg mich auf die “bank” im “wartehäuschen” auf dem bahnsteig fallen lasse und eins der vier bis hierher mitgeschleppten biere öffne. und trinke.
tatsächlich ist dies jetzt die erste pause, die ich mache. und auch nur, weil der rote zug erst inner viertelstunde kommt. wahrscheinlich sind pausen völlig überbewertet, wenn man langsam sich bewegt, dem land angepasst, das ja auch pausenlos ist.
na logisch bin ich vorher noch über den wallensteingraben rüber, an der brücke mit dem salmonidenschild, aber ich habe da keine zeit mehr verbracht, wir haben uns nur angekuckt und verschworen gelächelt…. bis bald!
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