08-11-02

lager 1 am morgen danachoffener schnarchplatz unter schrägdach mit überhang

hab´ ich schon erwähnt, dass wir eigentlich am sonnabend losfahren wollten und ich das abgesagt habe, weil ich tierisch zahnschmerzen hatte und ausserdem ischias? diese blöde scheisse zieht sich vom steiss durch das linke bein bis zum fuss und schmerzt permanent, je nach bewegung mehr oder fürchterlich. den zahn kann ich mit schmerzmitteln beruhigen den rest nur mit willen. jedenfalls schlägt der mist an diesem montagmorgen erbarmungslos zu: aus dem zelt in die socken in die schuhe braucht ´ne gute halbe stunde und lässt mich brüllen vor “freude”. aaaargh!!! zünde ich den kocher für den morgentee/kaffe und suche mir auf meinem hocker eine möglichst wenig schmerzende sitzposition. das ist auf diesem viel zu niedrigem ergonomisch völlig falsch produziertem sitzgerät nicht…leicht!
franz schnarcht noch in diesen morgen und kriegt von mir heisses wasser für seinen kaffe, als er damit fertig ist.
später betrachten wir die reste des feuers und stellen fest, dass es sich tiefer als gedacht in den tabakartigen bodenhumus gefressen hat. mit franzens spatenbeil graben wir bis auf den boden unter der tannennadelblätterhumusschicht, stechen rund ums feuer den boden weiträumig aus und holen von einem schon gestern abend durch die bäume schimmerdem restschneefeld ´n batzen gefrorenes wasser zum ort unserer hitzigkeit der letzten nacht, kippen den darauf und vermischen ihn mit dem weiträumigen aushub. nach dem zusammenpacken pinkeln wir auf den aushubschneehaufen und erklären das feuer für gelöscht.
rucksackbepackt erreichen wir wenig später einen grösseren weg in unsere richtung und finden ihn völlig vereist.

so ein weg besteht aus zwei parallelen über viele jahre durch alle möglichen fahrzeuge und füsse, pfoten und hufe stark verdichtete bodenrinnen, die dadurch weniger wasser in den boden ableiten können, als ihre umgebung. und das wasser sammelt sich dann in den rinnen. nur ein klein wenig länger als drumherum, aber lange genug, um bei unternullgraden zuzufrieren. und spiegelglatt zu werden. und neuer regen füllt die rinnen bis zum rand und zum überlaufen und versorgt dann auch das umland mit mehr nässe. und friert. und taut. und friert…nur der streifen zwischen den rinnen liegt oft ein klein wenig höher und ist als letztes überflutet und gefroren. auf diesem mittelstreifen können wir laufen…bis der weg erneut auf einen grösseren trifft. und das ist der, den wir fast bis crivitz nehmen wollen.
aber hier hat ein anderes geschehen die grade beschriebene theorie über jeden haufen geschmissen: die holzernte! die funktioniert heute meist mit riesengrossen schweren maschinen mit riesenrädern oder ketten die nicht in den vorgegebenen rinnen bleiben und alle wege komplett zerpflügen, tiefe löcher einfahren und dem wasser erlauben, über die komplette breite des weges und noch ein bisschen weiter zu vereisen. und kreuzundquer gefahrene spuren laufen sich schon ohne eis bescheiden und mit…
es ist eine ziemliche tortur hierlangzugehen. der blick bleibt ständig auf dem boden, jeder schritt muss kontrolliert werden und trotzdem sind wir beide oft kurz vorm sturz durch wegrutschen auf falsch eingeschätztem untergrund. das wirklich blöde dabei ist, dass wir nicht viel von der herrlichkeit unserer umgebung erleben, nur sporadisch die schönen alten eichen, buchen, tannen…am wegesrand inhalieren können.

eisig diesigvereist und zermatscht

irgendwann hören wir dann einen dieser wegchaosverursacher lange, bevor wir ihn sehen. es ist ein vierachsiges holztansportfahrzeug, dem um seine reifen ketten gelegt wurden die es sehr langsam machen. es biegt ca. 20meter vor uns aus bis dato weglosem wald auf unsere spur und macht einen höllenlärm. dann fährt es vor uns in exakt unserem tempo und macht mit seinen ketten trittsichere spuren, die wir natürlich nehmen. der krach ist nervig, aber die spuren lassen sich sicher laufen und wir bedauern es fast, dass das ding nur knapp hundertmeter vor uns herfährt, dann anhält, uns vorbeilässt und seine ladung am wegesrand abstapelt. der fahrer sieht uns ausdruckslos an, keine regung, keine reaktion auf unser “moin”…
lange noch hören wir sein gerät hinter uns leiser werden.
und scheiss auf seine spuren! es ist besser, statt seiner nur den wald zu hören. zumal der weg nach dieser begegnung auch besser wird…
kurz, bis wir wieder auf reste früherer ernteaktionen treffen.
ein altes schild am wegesrand sagt uns, dass wir uns auf dem “gaarzer damm” befinden und ein weiteres, dass vor uns die “gaarzer brücke” auf uns wartet.
wir wissen, dass wir bald über den “störkanal” rüber müssen, deshalb auch haben wir uns für diesen weg entschieden, obwohl uns kleinere viel lieber gewesen wären, aber die haben eben keine brücke.
die “gaarzer” erweist sich als unerwartet monumentales bauwerk und ist nur für fussgänger benutzbar: treppen aus stein führen auf ein brückenkostrukt aus stahl das sich in weitem bogen und “grosser” höhe über den kanal spannt. da fahren wohl schiffe lang. jetzt nicht, der kanal ist zugefroren. ich sag: “wow, wat ne brücke!” und franz: “die is´ bestimmt total vereist!” was der immer so denkt…aber er hat natürlich recht: spiegelglatte stufen nach oben, spiegelglatter bogen über den eiskanal und spiegelglatte stufen nach unten. wunderbar! und auf der anderen seite ein schild: “Kein Winterdienst”.
auf beiden seiten der brücke finden sich rastplätze mit bänken, der auf der nördlichen seite hat sogar eine feuerstelle und erzählt auf einem schild vom hier wohnenden weidenschrat. irgendwer hat hier einen tunnel und eine hütte aus weiden geflochten und bittet vorbeiwandernde um die pflege dieser bauten. ich finde das sehr schön!
wir machen hier natürlich pause, das macht man einfach so, wenn man hindernisse auf seinem weg überwunden hat, quasi als belohnung…allerdings setzen wir uns auf keine der bänke, sondern auf einen baumstapel, den ein erntefahhrzeug direkt hinter der brücke gestapelt hat. was heisst, dass auch diesseits des kanals der weg nicht besser wird: die gleichen erntespuren wie vorher. aber wahrscheinlich von einem anderen forstrevier verantwortet, zumindest von anderen fahrzeugen – über die brücke können die ja nicht rüber.

unerwartet monumentalstörkanaldie stufen sind scheisseglattkein winterdienst

die kurz aufkommende idee, hier das nächste lager aufzuschlagen: “wenn wir hier feuer machen, hat bestimmt keiner was dagegen…und wasser gibts hier auch genug” ist nur eine sehr kurze: “keine lust auf dumme fragen, wenn hier wer langspaziert” und ein richtig fetter stein, auf´s kanaleis geschmissen, lässt es nicht brechen.
aber die vorstellung, dass wir zwei alten säcke auf einer dieser bänke nebeneinander vorm feuer sitzen und uns beim rum-philosophieren filmen ist schon ein klein wenig reizvoll…vor allem die bank…
nungut, wandern wir also noch einwenig weiter. ein schild mit entfernungsangaben am brückenfuss sorgt noch kurz für verwirrung: keiner der aufgeführten orte liegt laut unseres kartenmaterials auf unserem weg…aber der kompass sagt, wo´s langgeht.
noch ´n knapper kilometer eisbahn und wir finden einen kleinen fast eislosen vom hauptweg abzweigenden in einen schönen eichen-buchen-waldabschnitt, nehmen den, bis er sich verliert und laufen noch ein wenig über rotes laub und sind an unserem zweiten lagerplatz.

verwirrende beschilderungaufbau lager 2

bevor mir franz vor einigen jahren mein zelt geschenkt hat, war ich schonmal soweit, zelte als unnötig zu betrachten und planen als ausreichenden schutz vor jedem wetter in heimischen landen zu favorisieren. ein grosser vorteil ist, dass man nicht durch eine öffnung am kopfende ins freie muss, sondern einfach aufstehen kann. und des ischias´s wegen und auch der gestrigen franzbeobachtung, entscheide ich mich, ab jetzt wieder unter planen zu nächtigen.

zwei davon hab´ ich mit, baumarktplastik, eine 5×3, eine 3x2meter. leider habe ich vergessen, schnüre einzupacken. aber franz ist auch darauf vorbereitet und leiht mir eine von seinen, 7(!)meter lang, knapp´n halben centimeter stark. wir binden die zwischen zwei bäume die ca. 3,5meter auseinanderstehen. franz zeigt mir einen phantastisch einfachen knoten, der bei belastung die strippe spannt, den ich aber nicht begreife…ich lege die grössere der planen darüber, spanne eine seite mit heringen in den waldboden, straffe sie über die gespannte leine und fixiere sie daran. das ergibt eine schräg gegen das wetter gestellte fläche. die planen haben rundherum in ca. 50cm-abständen metallene ringösen eingearbeitet (die leider sehr schnell ausreissen). die heringe stecke ich in die zweite öse von unten. die 50 centimeter darunter klappe ich nach innen in meine liegefläche. der rest der plane hängt auf der anderen seite der strippe frei nach unten. ich klappe ihn zurück, solange ich wach bin, und kann diese hälfte bei bedarf vor mir ebenso schräg wie die andere hinter mir abspannen und habe so einen zeltartigen wetterschutz mit zwei offenen giebelflächen.
die zweite plane lege ich auf den eingeschlagenen teil der ersten unter die feste schräge als boden. darauf isomatte und schlafsack – fertig! franz spannt seine plane an meinen kopfseitigen baum im 90gradwinkel zu meiner. als zweiten baum nimmt er seinen wanderstock und spannt das ganze auch mit heringen in den waldboden. so haben wir eine feines eck”haus”, in dessen vorgelagerten mittelpunkt wir ein feuer entzünden. geht fix und der lagerabend nimmt seinen lauf.

unser wasser ist ein wenig knapp, aber ein kleines schneefeld in einer senke unweit entfernt lässt uns “ernten”: schneebälle formen, in franzens 20-liter-eimer stapeln und überm schnell entfachten feuer schmelzen. das ergibt gut 5liter wasser. das lassen wir noch durch den filter laufen und haben ausreichend grundlage für linsensuppe und teemitrum.

es ist immer noch windstill und jetzt ein kleinwenig unter null. zu hören sind nur vereinzelte vogelrufe. sonst nix, ausser uns.
es wird ein sehr langer lustiger lagerabend…und nichts deutet auf regen hin. als der dann aber kommt, sind wir sehr überrascht und nicht wirklich begeistert. wir sitzen noch kurz hockerbeihocker (franz 10centimeter höher als ich und wesentlich bequemer) und verkriechen uns dann.

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