meckelborger jung

1 | 2 | 3 | 4 | 5 | diese geschichte ist 14 jahre lang und deshalb noch nicht fertig…

een meckelborger jung

– 1 –
der junge ist ungefähr 12 jahre alt, eher jünger. er hatte heute seinen ersten schultag in der neuen schule. er wohnt jetzt in einer stadt. aus dem dorf ist er mit seiner mutter und ihrem zukünftigen mann weggezogen, angeblich weil die wohnung in der stadt größer ist und man dort auch besser leben kann. vielleicht aber auch, um ein kapitel leben abzuschließen, den punkt zu machen hinter dorf, hinter ehe, hinter eheman … Vater.
der junge hat gerne im dorf gewohnt, es gab dort viel zu tun für einen 12jährigen. aber er wird auch in der stadt klarkommen, da ist er sich sicher.
eigentlich war das dorf gar kein richtiges dorf mehr. es gab zwar eine lpg, kühe und schweine aber es gab auch viele plattenbauten wo die dörfler gestapelt wurden und nicht mal mehr ´ne katze hatten. und es gab einen großen bahnhof, an dem sogar die interzonenzüge halten mußten. bis zur grenze war es nicht sehr weit, aber das war dem jungen, wenn überhaupt bewußt, völlig egal. in dem dorf lebten ungefähr 4000 leute – es war eigentlich kein richtiges dorf, aber es gab viel zu tun für einen 12jährigen.
viele jahre später wurde in diesem dorf ein terrorist erschossen, es gab also auch für andere leute etwas zu tun in diesem dorf.

– 2 –
er hatte 4 jahre dort gelebt, seine komplette bisherige schulzeit.
der erste schultag damals war für ihn eine sehr unangenehme sache gewesen. er wollte da auf keinen fall hingehen, wehrte sich mit allen mitteln eines 7jährigen, hauptsächlich heulen und schreien hatte aber doch keine chance und wurde zu 25 anderen neuschülern in seine erste klasse gesetzt. da, wo er herkam – einem etwas kleineren dorf mit einem viel kleineren bahnhof – war er sehr beliebt bei den leuten seines alters, vor allem aber kannte er jeden von denen und hier stand er jetzt völlig alleine an einem ort, den er nicht kannte und mit 25 gesichtern, die er nie gesehen hatte. er lernte seine lehrerin kennen und seine horterzieherin und 25 gesichter bekamen namen. er sagte kein einziges wort an diesem ersten tag und fühlte sich weiterhin miserabel, wenn auch am ende dieses tages weit weniger, als an dessen anfang.
und ab dem 2. tag ging alles ziemlich schnell und einfach, und bald war er in seiner neuen welt genauso beliebt, wie in der alten, die er bald als vergangenheit akzeptierte. er war eben ein kleiner junge, und es ging ihm gut.
an all das denkt der junge sicherlich nicht als er jetzt durch die neugebaute, nach einem großen sowjetischen helden benannte strasse auf sein neues zuhause zugeht. aber es ist ihm bestimmt bewußt und er freut sich auf morgen. ein neuer abschnitt in einem bis jetzt ganz wunderbarem leben voller abenteuer. er ist zufrieden.
groß war seine überraschung, als er heute morgen seiner neuen klasse vorgestellt wurde und unter all den neugierigen gesichtern, die ihn musterten, ein bekanntes entdeckte: ein junge aus dem dorf, das eigentlich keins ist, der vor zwei jahren ziemlich überraschend dort weggezogen war ohne jemandem zu sagen, wohin. dieses rätsel war jetzt gelöst und der grund seiner verschwiegenheit würde auch bald ans licht kommen, da ist sich der junge, der jetzt in einer stadt wohnt, völlig sicher.

– 3 –
“juri gagarin” heißt der held, dem die neue strasse in der stadt an der ostsee und an der grenze ihren namen verdankt. ob er deshalb in den weltraum geflogen ist, um irgenwann mal namensgeber für so eine strasse zu werden? warum nicht, es lebt sich da ganz gut, zumindest, wenn man 12 ist und vom dorf kommt. man hat ihm heute in der schule gesagt, dass einige seiner mitschüler in einem kinderheim wohnen.sie sehen genauso aus, wie die anderen. er empfand diese nachricht als nicht besonders wichtig, aber er hat sie sich gemerkt. in seiner neuen klasse ist ihm einer aufgefallen, der viel größer und kräftiger ist, als alle anderen. das ist uwe.
uwe ist das dritte mal in dieser klasse. und ein mädchen mit langen blonden haaren sitzt hinter ihm.cathrin. der, den er kennt heißt thomas und wohnt im heim. es gibt noch einen thomas, der wohnt auch im heim und noch einen, der gern fussball spielt. er denkt an die neuen leute und geht weiter die strasse entlang. er ist jetzt bei nummer 27 und stellt fest, dass die fast genauso aussieht, wie nummer 25, nur dass die 27 eine “goldene hausnummer” ist.
zusätzlich zu der mit schwarzer farbe auf das glas der lampe neben der tür gemalten hausnummer gibt es hier noch ein schwarzes schild in der form eines hauses, so ähnlich wie die schilder mit der eule die im wald stehen und ihn immer darauf aufmerksam machen, dass es ab dort interessant wird. dieses schild hat einen goldenen rand und in seiner mitte eine goldene 27.
nummer 29 und 31 und 33 und all die andern sehen ähnlich aus, mal vergoldet, mal nicht. vor einigen stehen bänke, vor anderen fahrräder oder kinderwagen. ähnlich sieht´s im dorf, das keins ist, auch aus. nur, dass es hier viel mehr von allem gibt: mehr kinderwagen, mehr fahrräder mehr bänke und vor allem: mehr eingänge.der junge hat sich die nummer von seinem nicht gemerkt und bleibt irritiert stehen. er sieht den weg, den er gerade gegangen ist, zurück und stellt fest, das nummer 25, 27, 29, 31 und all die andern wirklich ziemlich ähnlich sind. vor manchem stehen bänke, vor seinem nicht,
aber fahrräder,
sein fahrrad!
der junge ist beruhigt und geht weiter.

– 4 –
Er ist jetzt schon ungefähr eine stunde auf dem weg nach hause. er ist alle häuserreihen abgegangen. den ring aussen rum und die reihen in seinem inneren. er hat sein fahrrad nicht gefunden.gestern abend hat er es vor der tür abgestellt und vergessen, es in den keller zu tragen, oder einfach nur keine lust gehabt. der zukünftige mann seiner mutter regt sich darüber immer ziemlich auf.jetzt geht er ein zweites mal die häuserreihen ab und bedauert seine faulheit oder vergesslichkeit. er hat sich nicht gemerkt, wo er wohnt! das ist peinlich. er setzt sich vor nummer 55 auf eine bank, stellt seine schultasche neben sich ab und fängt an, zu weinen.
aber nur kurz.
er erinnert sich an seine entdeckung von gestern nachmittag und macht sich auf den weg zu dem kiosk am nördlichen rand des juri-gagarin-ringes. hier hat er gestern abend kaninchen gesehen.
und von hier hat er ohne probleme nach hause gefunden. seine mutter war dabei. er hat sich den weg nicht gemerkt! das ist wirklich peinlich. die kaninchen sind wieder da. er sieht, dass sie ihre gänge unter den konsum-kiosk gegraben haben. ziemlich tiefe löcher und ziemlich viele. der kiosk steht auf einem vielleicht 80 centimeter tiefen fundament, da unter wohnen die kaninchen. an manchen stellen ist schon recht viel von dem bestimmt mal kaum erkennbarem fundament zu sehen. die kaninchen sind bestimmt schon lange hier. der kiosk selbst ist aus presspappe oder irgend so etwas in der Art und hellgrün.wenn man ihn betritt gibt es auf der rechten seite einen recht engen verkaufsraum mit einer ladentheke über fast die gesamte länge. an ihrem linken ende, dem eingang gegenüber, befindet sich ein brett zwischen theke und wand, das man hochklappen kann. dies wird getan, wenn die kraft hinter dem thresen in den anderen teil des kiosks geht um die knappen sachen für die guten kunden zu holen.das lager, oft und gern auch nach verkaufsschluss aufgesucht von leuten, die durst haben oder andere probleme. aber das weiss der junge noch nicht,als er sich in den schrägen fensterscheiben, die sich über die ganze länge des verkaufsraumes gegenüber der theke befinden, betrachtet. auf dem kiosk ist ein dach, das schräg nach hinten abfällt und mit asbestplatten gedeckt ist. der kiosk ist an drei seiten von rasenflächen umgeben. darauf sonnen sich die kaninchen. durch die scheiben sieht der junge eine ältere frau, die völlig in schwarz gekleidet ist. sie sieht ziemlich krank aus denkt der junge ohne zu wissen, wie er darauf kommt. er sieht sie nur von hinten. sie unterhält sich mit der kraft, einer auch nicht mehr jungen frau, die aber sehr gesund aussieht. sie ist fett. der junge hat 50Pfennig in der tasche und betritt den kiosk. bei seinem eintreten dreht sich die frau in schwarz zu ihm um und ein breites grinsen teilt die falten in ihrem gesicht. sie sieht wirklich krank aus. und alt.
“du bist doch der junge, der über mir eingezogen ist…!” und an die kraft gerichtet: “wird zeit, dass mal wieder kinder in das haus kommen. der ist alleine und wird bestimmt nicht viel lärm machen…!”
“ja, das ist schön” antwortet die kraft.
“ich bin frau patzek und geh jetzt nach hause. ich nehm dich mit und stell dich der frau blum vor, die wohnt nebenan…!”
der junge hat 50pfennig in der tasche, aber vergessen, dass das so ist.er fragt, ob er ihr die tasche nach hause tragen darf.
” ja so ein netter junge…!”
der kontrast zwischen den falten und dem grinsen dazwischen wird sehr abstrakt. die frau ist echt erfreut.
beim verlassen des kiosks denkt der nette junge dass es bestimmt komisch aussieht wenn die fette kraft das brett hochklappt und sich in das lager zwängt. er nimmt sich vor, darauf zu achten und trägt frau patzeks frisch erstandene lebensmittel nach hause. der weg wird lang, frau patzek ist sehr langsam. sie redet kaum ein wort, anscheinend hat sie genug damit zu tun, den weg heil zu überstehen. an der tür nummer 53 angekommen erklärt frau patzek dem netten jungen, dass sie sein fahrrad in den hausflur gestellt hat, als der regen anfing.
es hat den ganzen tag nicht geregnet. aber er hat sein fahrrad wieder. er fragt sich, wie diese alte kranke frau sein fahrrad in den hausflur geschafft hat und findet darauf keine antwort. er folgt ihr in die dritte etage. das dauert noch viel länger, als der weg vom kiosk. nachdem frau patzek ihre wohnung aufgeschlossen hat, nimmt sie dem netten jungen die tasche ab, betritt ihre wohnung und schliesst die tür hinter sich, ohne den netten jungen noch einmal zu beachten. er wendet seinen blick zu der tür gegenüber.”meyer” steht da dran. er hört geschrei von mindestens 2 kleinen kindern hinter dieser tür. er beschliesst, frau patzek aus dem weg zu gehen.
eine etage höher schließt er die tür zu seiner wohnung auf. er kennt jetzt den weg.
er wohnt jetzt in der stadt.

– 5 –
die schule in dem dorf, das keins ist, ist eine sehr lange, flache baracke. drei viertel des bauwerks werden in seinem inneren durch einen flur, der von brummenden neonleuchten erhellt ist, in zwei teile zerschnitten. indiesen sind die klassenzimmer mit türen auf den flur. am ende des flures gibt es eine tür, die zur essenausgabe und weiter in die küche führt. gegenüber ist der eingang, eine doppelte tür, die den sommer über ab 6Uhr offen steht. ein praktischer bau. im winter mit kohleöfen in jedem raum zu beheizen. zwei von den türen im rechten teil führen zu waschräumen. die wände des flurs sind auf halbe höhe durch hellgelbe sprelakatplatten die rundherum von holzleisten fixiert werden gegen spielende kinder verstärkt. die pappwände im oberen bereich sind weiss gestrichen worden. vor vielen jahren. über die gesamte länge des flurs hängen kinderzeichnungen und fröhliche bilder an den wänden. über der tür zur küche ein porträt von erich honecker. der junge war hier gerne. bis mittag in den klassenräumen, um wichtige dinge zu lernen und nachmittags in den selben räumen, um andere wichtige dinge zu lernen.
es gab jeweils 2 1.,2.,3., und 4. klassen in dieser schule. die kleineren hatten ihre räume näher zum eingang der baracke, die grösseren dichter an der küche. die grossen dichter lagen gestapelt in einem lagerraum, der irgendwann an die küche angebaut wurde und der ohnehin schon recht langen baracke noch 2meter dazubrachte. die grossen für kleine leute.
der junge hatte in allen räumen wichtige dinge gelernt.
wenn man da rausgeht, wo man reinkommt, befindet man sich auf einer betonierten quadratischen fläche von der breite des gesamten gebäudes.drei fahnenmasten stehen da. der appellplatz. sieht man nach links ist da ein tor in einem zaun, der das gesamte gebäude weiträumig einschließt, den appelplatz auch und hinter der baracke noch ein ziemliches stück rasenfläche, das von unzähligen kindern in vielen jahren an einigen stellen so niedergemacht wurde, dass dort kein rasen mehr wächst. der zaun ist im moment weiss gestrichen und sieht so aus, wie die meisten seiner art, die nicht der indivdualitätssucht von eigenheim und kleingartenbesitzern und anderen wenig individuellen zum opfer gefallen sind: vorgefertigte metallgitter zwischen ebensolchen pfeilern. er hat keine wirkliche aufgabe zu erfüllen und das tor ist schon seit jahren nicht mehr verschliessbar.ein schöner zaun, weil man ihn fast nicht bemerkt.
keine wirkliche strasse, eher ein feldweg führt am zaun entlang an der schule vorbei und biegt an dessen ende mit ihm nach rechts ab. dann wieder nach links und zu den letzten ausläufern des dorfes, das keins ist. die jahre, wind und regen haben dem weg schwer zu schaffen gemacht und vielen leuten des ortes auch: immer, wenn der weg zu viel von seiner substanz an das wetter verlor, haben sich freiwillige gefunden, die ihn wieder “instandgesetzt” haben. unfreiwillige auch. meist sah das so aus: ein lkw oder ein traktor mit anhänger brachte von irgendwoher bauschutt, groben kies, feldsteine oder so was und kippte diese ladung dahin, wos grad nötig war. dann wurde das zeug in den rinnen und löchern verteilt und so eben gemacht, wie eben möglich.
von den freiwilligen und den anderen.
im laufe der zeit ist der weg so recht bunt geworden. und uneben. die wenigen autos, die hier langfahren, haben eine spur ausgefahren, die sich zwischen diesen wochenendarbeiten hindurchwindet und wohl bald instandgesetzt werden muss.
auf der anderen seite des weges, gegenüber der schule wächst allerlei grünzeug auf einer ungefähr fussballfeldgrossen, von büschen und bäumen umstandenen fläche, dem fussballplatz. es gibt hier keine feldmarkierungen und nur ein tor, aber viele leute, die sich bemühen, den bewuchs kurz und den platz eben zu halten. freiwillige und andere. meist am wochenende.
geht man von der schule über den weg und den platz stösst man an dessen ende auf eine wand aus brombeersträuchern und anderem gebüsch, die sich bis zu einem ziemlich steil und gleichmässig abfallendem hang erstreckt.einem graben, in dem 3 eisenbahngleise verlegt wurden, eins in die stadt, in der der junge jetzt wohnt und zwei in die bezirksstadt. in die andere richtung führen alle 3 zu dem bahnhof, wo sogar die interzonenzüge halten, danach 2 in die hauptstadt und eins ins nichts, es sei denn, man fährt interzonenzug. eine menge kinderfüsse und hände haben ein gewirr von pfaden durch die sträucher bis zu dem graben getreten oder sonstwie geschaffen. viele der sträucher haben darunter gelitten. sie gedeihen prächtig. viele kinder haben hier seit vielen jahren viel spass. dort, wo der weg nach rechts abbiegt, zweigt ein fussweg ab,der,am platz vorbei, zu einer sehr alten brücke führt, die über den graben mit den gleisen gebaut wurde. eine gewaltige konstruktion für eine fussgängerbrücke, sie würde sicher auch eins von den gleisen tragen, aber dazu steht sie am falschen ort. sie ist ziemlich stark von rost befallen und wenn man sie überquert kommt man zum altstoffhändler und zu einer strasse, die fast parallel zu den gleisen verläuft, die in die bezirksstadt führen, aber ein anderes ziel hat.

– 6 –
der nette junge stand oft auf dieser brücke und bespuckte, was sich unter ihr bewegte. das kündigte sich schon lange vorher durch grossen krach und rauch an und übt eine eigenartige faszination auf ihn aus. er ist gerne unterwegs und so ein zug mit einer dampflokomotive an seiner spitze ist für ihn das ideale fortbewegungsmittel. er kann sich nichts vorstellen, wo man damit nicht hinkommt. er ist noch ziemlich jung. in der stadt, in der er jetzt wohnt,gibt es einen bahnhof, wo 2 gleise ankommen: eins aus der bezirksstadt und eins aus dem dorf, das keins ist. viele gleise verlassen den bahnhof an seiner anderen seite, aber sie gehen alle bloss bis ans meer, dort werden schiffe beladen. schiffe faszinieren ihn auch, sie fahren um die ganze welt, aber sie sind sehr langsam und machen wenig krach. vor den interzonenzügen sind immer nur diesellokomotiven, die sind so leise, wie die schiffe und halten nicht in der stadt, in der er jetzt wohnt.

– 7 –
thomas aus dem kinderheim erzählt dem netten jungen nicht, warum er nicht mehr in dem dorf wohnt, das keins ist. thomas ist im gruppenrat der stellvertretende vorsitzende und macht ihn mit seinen mitschülern bekannt, er stellt sie ihm vor. der nette junge erfährt die funktion der einzelnen leute im klassenkollektiv. er muss sie selbst kennenlernen. thomas hat sich verändert in den letzten beiden jahren. er ist sehr beliebt bei allen lehrern der schule. thomas geht den weg von der schule zum kinderheim meist alleine. es ist ein kurzer weg.
thomas, der nicht aus dem dorf kommt, das keins ist, aber trotzdem im kinderheim wohnt, ist sehr still. er redet wirklich wenig. er kann sehr schlecht lesen und rechnen, ist aber der beste im sport. und im schulgarten.
thomas, der gern fussball spielt, hat zwei ältere brüder in derselben schule und schwarze locken.
cathrin ist wunderschön und vor uwe haben alle angst.
uwe kann auch sehr schlecht lesen, aber er hat kein interesse an sport. und am schulgarten.
aber er redet auch sehr wenig.
uwe sitzt in der letzten reihe und scheint alle anderen durch seine erscheinung an dieser stelle zu irritieren.
der nette junge glaubt, dass uwe in ordnung ist und hat angst vor ihm, wie alle anderen.
seine neue klasse gefällt ihm gut.

– 8 –
die köppernitz ist ein kleiner bach der sich in vielen hundert jahren einen weg durch das flache land geschlagen hat. ab und an gab es kleine hügel, die sie zerschneiden musste in dieser zeit.
die köppernitz mündet in der stadt, in der der nette junge jetzt wohnt, ins meer. kleine hügel gibt es hier auch.
die köppernitz hat einen zerschnitten: auf der einen seite leben viele russen, ukrainer, kasachen, letten, esten hinter einer mauer. sie sind sowjetische soldaten. auf der anderen seite hat juri gagarin einer strasse seinen namen gegeben. dort wohnen keine sowjetischen soldaten.
in dem tal, das die köppernitz erschaffen hat, ist ein tierpark. es gibt hier einen teich voller enten und viele käfige, in denen tiere sind, die hier gelebt haben, als juri gagarin, russen, ukrainer, kasachen, letten und esten noch neandertaler waren. und wellensittiche. gäbe es die käfige nicht, wären hier nur enten. es gibt wildschweine, uhus, hasen, ziegen, esel, rehe und viel mehr. es gibt auch ein altersheim im köppernitztal. und eine freilichtbühne. als der nette junge den tierpark entdeckt, ist er begeistert. er verbringt hier viel zeit. das köppernitztal ist viel länger als der tierpark. und sehr grün. der nette junge hat auch hier wieder viel zu tun. das dorf, das keins ist, ist für ihn bald nur noch das dorf. er vermisst den bahnhof. er vermisst die interzonenzüge mit den dieselloks und weiss nicht, warum. sie haben ihn nie wirklich interessiert, aber hier gibt es sie nicht, und das macht sie sehr interessant. in vielen der käfige sind vögel. die käfige sind klein und vögel können fliegen.
viele der vögel sind in ihren käfigen sehr aktiv und flattern ständig an den gittern hin und her. andere sitzen regungslos auf bäumen ohne wurzeln in den ecken, die von den leuten, die die vögel betrachten, am weitesten entfernt sind. anderen scheint alles völlig egal zu sein und sie sind da, wo sie eben grade sind in ihrem käfig. nicht nur die vögel sind so.
ab und zu verschwinden tiere aus dem tierpark, meist junge ziegen. wenn man die sowjetischen soldaten an den tagen danach mal sieht, sehen sie meistens ein wenig zufriedener aus, als sonst. sie sehen immer sehr unglücklich aus. die sowjetischen soldaten sind die freunde des netten jungen. das sagt ihm jeder lehrer, fast jeden tag. er glaubt seinen lehrern und er mag ziegen.
ute auch, aber die wohnt noch im dorf

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