bützow – schwaan spontan

unsere freundin

in fulgenkoppel ist die beste meiner frau, und wenn wir dahinfahren, lass´ ich die beiden oft allein und mach´ mit unserer tochter den wald unsicher, oder den garten.
nun ergab sich, dass wir ohne tochter mal dahin fahren wollten, konnten, mussten… und da kam mir der gedanke, dass frau und freundin bestimmt nichts dagegen hätten, wenn ich unterwegs aussteigen und den rest des weges irgendwie individueller zurücklegen würde; endlich mal wieder eine nacht unter mecklenburger freiem himmel übernachten könnte…und fragte meine frau, ob sie mich nicht irgendwo aussetzen wolle. “dich aussetzen? nichts lieber als das!”

und so ergab sich, dass ich am abend des 14.augustes2015 gegen halb acht abends beim kanuverleiher am bützowsee in bützow vorsprach. ich hatte vorher kurz da angerufen: “könnt´ ich vielleicht ein kanu mieten, mit diesem bis nach schwaan fahren und das dann da wieder abholen lassen?” “weiss ich nicht, eigentlich bin ich ausgebucht, aber ich frag mal meine frau und ruf dann zurück” und das passierte ´ne halbe stunde später: “ja, könn´ wir machen”.
also komm´ ich in dieses wirklich sehr angenehme kanucamp und frage den erstbesten einheimisch wirkenden menschen “wo gibt´s denn hier die boote?” und erwische gleich den richtigen…”du bist der, der angerufen hat?” und er streckt mir die hand entgegen, große, kräftige männerhand. “erstmal ´n kaltes bier?”
“na klar”
“ich seh´dir doch an, dass du durst hast!” toll, jetzt sieht man das schon!
prost!
“du bist alleinpaddler?”
“ja, ich bin allein”
“und du willst bis schwaan und dann soll´n wir dich da abholen oder was?”
“ne, nur das boot, ich fahr´ dann mit´m zug weiter”
“wo willst´ denn da raus, an der brücke?”
“ja, so dacht´ ich.”
“oder doch lieber am zeltplatz?”
ich merke, dass wäre ihm lieber, würde für mich aber eine halbe stunde weg bis zum bahnhof bedeuten.
“was euch lieber ist”
dann geht er zu einer langen reihe aneinandergelehnter meist blauer kanus und holt mir einhändig eins von diesem stapel, grün (hurra!), schiebt es ein stück in meine richtung.
“da”
dann gehen wir “kasse machen” in einen wohnwagen. “was kosst´ so´n bier?”
“zwei euro”
“dann nehm´ ich vier” “oder lieber fünf, runde summe”
und geb´ ihm die 40euro; denk´ ich.
es vergeht eine kleine weile
“das sind nur 30”
vor der tür warteten inzwischen neu angekommene gäste auf das ende unserer transaktion:
“haha, kann man ja mal versuchen, manchmal klappt´s, haha”
ohmann, ich hatte mich einfach nur vergriffen! ich hätte ihm 100 gegeben, wenn ich so viel von dem zeugs hätte, wie die neuangekommenen, dafür, dass er es möglich macht, dass ich gleich wieder allein im geliebten land paddeln werde!
“gut, dass ich erst ein bier getrunken hab”
er schlägt ein buch voller handgeschriebener eintragungen auf, wohl das bootbuchungsbuch..
“ausweis brauch ich dann noch”
ja, klar. er liest ihn genau durch..
“danziger strasse,…kenn ich irgendwie…”
“hiess früher dimitroffstrasse…”
er gibt mir den ausweis zurück.
“nichts aufschreiben?”
kuckt mich lange an.
“das geht schon so”

“dann brauch ich noch ´n paddel”
“da” zeigt auf eine tonne voller rudergeräte “nimm dir, was du brauchst”
mach ich und belade mein boot.
dann kommt herr westphal nochmal zurück:
“weißte wie du in die warnow kommst?” und geht mit mir zu einer auf dem platz aufgestellten umgebungskarte: “wir sind jetzt hier, und da geht´s in die warnow” sein finger bewegt sich ein stück nach rechts.
“ich hab´mir das auf karte angekuckt und glaube, das find´ ich”
“also erstmal ´n stück über´n see und dann siehst du dahinten so ein einzeln stehendes haus mit weissem giebel, darauf musst du zuhalten”
“okay, danke. was ist denn mit diesen torflöchern in schwaan, kann man da rauf?”
“wieso nicht?”
“naja, irgendso´n umweltschutzscheiss vielleicht?”
“die angler sind da auch drauf”
und dann ist er weg.

ich steige ins boot und fahre am rand eines seerosenfelds auf den bützowsee.
und denke mir dabei: was für ein herrlicher kanuverleih, was für ein herrlicher verleiher! ich bin mir sicher, dass er mit anspruchsvolleren kunden ganz anders umgehen kann, aber für mich war das sowas wie ein idealfall: völlig unkompliziert, nur die nötigsten worte, keine dämlichen fragen, keine belehrungen, kein geschwafel!
wenn ich mir nochmal ein kanu auf der unteren warnow mieten möchte, dann auf jeden fall da!
und ich würde auch gerne mal eine nacht in diesem camp verquatschen – ich hoffe, ich finde die zeit!

das boot ist für ein plastikgepresstes ein ziemlich schönes, mit holzrahmen und echt angenehmen sitzschalen, aber eben für zwei leute; und da ich ziemlich wenig gepäck habe recht windanfällig…
und der wind bläst, natürlich von vorn! die fahrt über den see ist also ordentlich paddelarbeit, kein erhofftes dahingleiten. und als ich dann den bützowsee in die verbindung zur warnow verlasse wird er kanalisiert noch ein bisschen fieser…die erste draussenzigarette kann ich mir erst beim anlanden unter einer brücke geben.
und auf einem brückenbetonpfeiler sitzt ein eisvogel.
dieser verbindungswasserlauf heisst temse; das klingt beim erzählen darüber ziemlich cool: “ich bin die temse gefahren, komplett!” das fehlende h zur sensation hört man ja nicht… aber auch ohne dieses ist es ein schönes stück fliessgewässer glaube ich: ob es tatsächlich fließt, weiss ich nicht: der wind ist zu stark…und als wir dann in die warnow münden, wird das nicht besser…

fotopause an der temsetemsesonne

ich bin ein wenig frustriert, diese spontanreise auf meinem liebligsfluss habe ich mir weniger anstrengend erhofft und beschliesse, mir ziemlich bald einen platz für´s nachtlager zu suchen und auf ein friedlicheres morgen zu hoffen.
ich hatte geglaubt, noch bis zum detteliner see zu kommen und zwischen ihm und der warnow zu nächtigen, fahre aber nur ´n knappen kilometer warnow bis ich eine geeignete anlandestelle finde und die auch nehme…
ein stück feuchtwiese vor einem maisfeld, von einem schilf- und buschgerandetem meliorationsgraben in den fluss begrenzt; die schilfbuschhecke scheint mir genug deckung zu sein.
die sonne verabschiedet sich währenddessen als wunderschöner tieforanger ball unfotografiert von diesem tag.
warum kommt der wind eigentlich immer von vorne?
für mein nachtlager brauche ich noch zwei stützen, astgabeln, und finde beim suchen nach diesen reichlich geschlagenes oder geschnittenes buschwerk, welches ein stück landeinwärts in die schilfhecke gelagert ward.
und mir kommt der gedanke an ein feuer; quasi als belohnung für diesen anderserhofften tourstart.
ich baue mein bewährtes boot-planen-nachtlager in die feuchtwiese, reisse ein ca. 1qmgrosses loch in die wiese bis auf den wiesengrund und mache kleine holzschnitzel in dieses und zünde sie an. komisches holz, völlig trocken aber nicht brechbar; man muss es reissen oder verdrehen oder schneiden um´s in die richtige form zu bringen und wieder ärgert mich mein lückenhaftes wissen über einheimische gewächse…was für ein holz? aber es brennt problemlos und lange; gutes holz!
und ich hab´ja auch noch die vierbier vom kanuverleiher.
und oliven mit knoblauch, emmentaler, milchbrötchen und salamisticks.
und jetzt endlich stellt sich auch die mecklenburgzufriedenheit ein und endlich fange ich auf meinem ü40hocker auch mit dem hiersein an…endlich wieder zuhause…
es ist neumond; kein nachtlicht…aber rundherum blinkt es provozierend rot in die nacht: windradkennzeichnungslichter in rauhen mengen! für mich dummerweise nicht beschreibend fotografierbar stelle ich nach etlichen versuchen fest.
das feuer brennt aus, ich kipp´ noch´ne flasche wasser drüber, das bier ist alle und ich lege mich zufrieden in mein lager. da es nicht kalt ist, schlage ich die planenecke am kopfende nach oben und geniesse kopffrei die nacht bis zum einschlafen…so gegen 12.

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regentropfen machen echt krach, wenn sie auf die baumarktplastikplane fropfen, aber ich werde nicht davon wach, sondern von der feuchte, die sich in meinen schlafsack bis an mein ohr saugt…gut fünf minuten, bevor der wecker klingelt; 4uhr20. ein blick nach draussen verheisst nichts gutes und lässt mich mein ohr trockengelegt die plane zugezogen noch ein wenig weiterträumen…von der rückfahrt zum kanuverleih und vom alternativen fussmarsch…aber das bier will auch wieder raus und so stehe ich auf.
und ich werfe einen blick auf den fluss und vergesse fast, dass ich grade pisse! spiegelglatt, tiefschwarz und einladend! der regen ist aus.
es dauert gut ´ne halbe stunde bis ich alles eingepackt und das boot im wasser hab´, die zähne geputzt sind und das frühstück gegessen.
des nachtens kam mir noch der gedanke, dass es doch für den alleinpaddler des schwerpunktes wegen besser ist, das boot rückwärts zu fahren, also quasi auf dem sozius um 180grad verdreht und dadurch mehr mittig sitzend den “bug” tieferlegend dem wind weniger fläche entgegenzuschieben…ein probates und bewährtes mittel, das gestern leider nicht in den sinn kam…ich bin einfach vielzuselten kanut! ein weiterer vorteil ist der, das bei weitwinkelaufnahmen weniger boot im fokus liegt, ein nachteil ist die nicht mehr passende sitzschalenplastik.
um 5 bin ich unterwegs, rückwärts voran…wind erwartend.

leiser nebel liegt über dem fluss, die sonne schickt ihre kommende kraft orangerot durch wolkenlücken in mein objektiv; das paddel schiebt mich bedächtig ehrfürchtig und fast lautlos langsam in den warnowmorgen.
nichts mehr da vom letztenachtwind und regen; einfach nur geil!
was für ein schöner bach!
die schilfgürtel, die ein anlanden am grossteil des ufers unmöglich machen, machen wunderschönen vogelkrach, überall singt´s und flattert´s, bewegt es sich von unsehbarer kralle; überall platscht es im wasser, manchmal so stark, dass ich als gelernter aber nicht mehr praktizierender angler riesenfische förmlich fühle, vierbeinige wasserbewohner vermute.
und immer öfter schneidet sich das orange durch den aufsteigenden dunst und spiegelt sich im fluss…

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dann am ufer in einer schilflücke zwei ziemlich grosse wildschweine, flüchtend, aber nicht vor mir, oder einfach nur tollend?
und eisvögel, bunt den fluss kreuzend oder auf überhängenden uferbaumästen lauernd; sind nicht selten.
andere flieger, die ich hier sehe, wohl schon…aber da fehlt mir fachwissen.

kaum merkbarer feuergeruch steigt hinterrücks in meine nase und aktiviert die instinkte und ich entdecke am ufer ein noch schwelendes lagerfeuer aber keinen lagerfeuerbetreiber weitundbreit…wer macht sowas? ich kann nur spekulieren und vermute die feuerentfacher voll oder schlaftrunken im für mich nicht einsehbaren hinterschilfbereich.
das feuer schwelt nur einen meter vom ufer auf selbem untergrund wie meines gestern und sieht umweltungefährlich aus…

auf der karte habe ich im vorfeld einen gut einen kilometer langen schnurgeraden flussabschnitt ausgemacht und glaube an begradigung und langweiligkeit und beschliesse, da mal ein wenig meter zu machen; aber als ich dann da ankomme, entpuppt sich dieser kilometer als ein unerwartet schöner: bäume links und rechts, wenig schilf: der fluss fliesst durch wald und lässt mich zweifeln, dass es am amazonas oder ganges oder nil oder… schöner sein kann.

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in sichtweite kreuzen grosse felltiere den fluss, mehrmals hinundher; ich hoffe, es sind biber und versuche, noch lautloser zu sein und starre gebannt auf diese stelle als ich durch eine im augenwinkel bemerkte bewegung nach links gerissen werde und den ersten marder meines lebens in natura erlebe; er schlängelt sich durchs flussrandwurzelholz und entdeckt mich; haut aber nicht ab sondern kuckt mich gefahrabschätzend(?) an; leider in zu dunklem licht, für mich nicht fotografierbar…gut zwei minuten, bevor er das interesse verliert oder mich als gefahr ausschliesst und weiter durch´s wurzelholz schlängelt. als ich dann wieder zu den flussquerenden felltieren schaue, sind die natürlich weg. ich entdecke keinerlei frische biberspuren an beiden ufern und denke, dass es nutrias waren…

dann am linken ufer eine alte flussbadestelle: eine leiter in den fluss gestellt, am überhängenden baum ein seil zum tarzansprung ins wasser angebunden, laut karte weitundbreit kein ort; und ich bin wieder der kleine junge, der damals mit seinen dorfkumpels genau solche stellen mit seinem fahrrad angesteuert hat und dabei hoffte, dass “die grossen” nicht da sind und knutschen.
am ufer gegenüber, 100meter weiter, ein maroder steg, der mich “zwingt”, an ihm anzulegen und sein hinterland zu erkunden. wirklich marode: ein rostiges stahlgestell mit leiter und morschem belag…der aber hält: ich folge einem erstaunlich gut erkennbarem pfad, der zu ihm führt, und finde mich nach dem warnowwaldrand im menschenleeren mecklenburger hinterland; feld und wiesenhinterland, das von der jetzt schon halbhoch stehenden sonne diesig beleuchtet mich erfreuen könnte, wenn nicht die gefühlt 100 windräder am horizontenen rand der szenerie selbige zerstören würden.
der recht gut ausgewanderte zugangsweg lässt mich vermuten, dass angler diesen steg doch abundzu noch nutzen und das verstehe ich gut: hier wohnt bestimmt mindestens ein fetter wels! und garantiert auch der einoderandere hecht, karpfen, schlei…und selbst wenn garnichts beisst ist das hieransitzen bestimmt ein hochgenuss.

apropos beissen: weit weniger mücken als erwartet, dafür umsomehr bremsen verschiedener art interessieren sich sehr für den träge dahinschwimmenden fleischklumpen ich und unterbrechen das flussgleiten durch aprupte schlaghandlungen zum zwecke der tötung des ungeliebten getiers meinerseits…aber fair, wie ich bin, erschlage ich wirklich nur die, die auf mir sich niederlassen, nicht die, die nur bootfahren…
ist trotzdem ein ziemliches massaker.
eben leben am fluss…

nur eine brücke quert den fluss auf meinem weg: zwischen kassow und kambs über das ergebnis eines abgetrennten mäanders; in ihrem schatten ein schlafendes zeltlager mit campingtisch und stühlen und einem kanister, der vielleicht bald im fluss entsorgt ist? die zeltbewohner bemerken mich wohl nicht, aber ich kann mir ein lagern an ihrer statt gut vorstellen: ein schöner ort dafür! so schön, dass ich mit paddeln aufhöre und mich vom fluss durch die brücke und mindestens noch eine stunde weiter treiben lasse…ca. 100meter…die warnow ist wirklich träge in ihrem fluss!

aber wohl nur dieser trägheit wegen zeigt sich mir kurz hinter der brücke der fischotter, lautlos am ufer aus dem nichts erscheinend, in den fluss gleitend, witternd, mich entdeckend abtauchend verschwindend…eine nur kurze aber im gedächtnis bleibende begegnung!

die reiher am fluss haben eine fluchtdistanz von wohl 100metern und erheben sich lautlos flügelschlagend immer dann, wenn ich diese distanz unterfahre bis dahin von mir unentdeckt in den überwarnowhimmel; alle 100meter!

die notdurft zwingt mich kurz hinter der wiedervereinigung mit dem mäander ans ufer an eine stelle, der man ansieht, dass sie oft zu diesem zwecke angesteuert wird; es gibt nicht viele einfache anlegeplätze auf diesem flussabschnitt aber eins haben sie alle gemeinsam: sie sind müllplätze! überall hinterlassenschaften vor mir dagewesener anleger! bierdosen flaschen handtücher badehosen grillfleischpackungen tetrapacks kondome plastiktüten einweggrills…alles da. warum? wie kann man so sein?

schnell wieder auf dem fluss höre ich ihm näherkommend maschinengeräusch…motorsense? aber mindestens zwei…
wohl zwanzig minuten wird das geräusch krachiger bis ich hinterm schilf fahrzeuge erahne; menschen sehe ich nicht:
aber motorsense ist jetzt eindeutig (zwei)…vorbeipaddelnd verschwindet es nach weiteren zwanzig minuten wie es gekommen ist…

dunkler wird´s. die sonne ist hinter grauwolken nur noch zu erahnen und gewittergrummeln klingt aus grosser ferne als nieselregen des flusses spiegelglatt durchlöchert. macht aber nichts: es ist immernoch geschätzte 25grad warm und ich kurz vor werle, wo ich sowiesoaufjedenfall anlegen will:

es gibt verschiedene geschichten zu diesem ort, aber die mir am schönsten ist besagt, dass hier auf der burg werle der letzte grosse slawenführer niklot in einem hinterhalt vom christen heinrich gemeuchelt wurde und damit der letzte wirkliche urmecklenburger widerstandskämpfer dem christenkreuz erlag und denke mir oft, was wäre, wenn er diesen kampf gewonnen hätte…
aber auf dauer hätte auch das wohl dem einzug des scheinheiligen basislosen engelanhimmelns keinen einhalt geboten, aber vielleicht wäre der christ heute nicht so mächtig, und vielleicht wäre mir dann auch dieses schwachsinnige sonntäglichvormittägige glockengebimmel erspart geblieben und vielleicht hätte das volk sich weiterhin starken kämpfern statt blasphemischen fettsäcken untergeordnet…vielleicht.

jedenfalls wird aus dem niesel ein richtig kräftiger regen und ich freue mich, dass der mich hier erwischt und nicht auf einem der vielen deckungslosen kaumanlandbaren schilfuferflusskilometer und gehe die ausgetretenen pfade zu einem platz mit tisch und bank, grossem findling, aus dem hier schon um 18hundertund der schriftzug “Burg Werle” gemeisselt wurde und wohl mal von echt interessierten gestalteter erklärungstafel, auf der die geschichte vom niklot und seinen söhnen und eine skizze der burg zu lesen sind, weiter durch den kleinen uferwald zu freiem blick über beregnetes mecklenburg. wirklich schön! gerade bei diesem wetter!

wo schon niklot, vertislaw und pribislav bei wetter nach den booten sahen, mach´ ich das auchanleger werle

er ist nur kurz, der regen, unter den bäumen meiner deckung hat man länger was davon, als auf dem fluss: während dort schon alles wieder vorbei ist, regnet´s hier noch von den blättern und lässt einen sich fragen, wann´s denn nun vorbei ist, wenn´s schon vorbei ist…ein blick auf den fluss macht dann aber alles klar und weiter geht die reise richtung norden, nachdem ich noch einmal den kopf geschüttelt habe ob der lagerreste vor kurzem hier gewesener direkt oberhalb des stegs, den resten eines unverantwortlich grossen feuers hier unter diesen schönen alten bäumen, an einem hängt ein handtuch…

durch den regen wirkt die luft frischer, es riecht und fühlt sich auch so an, der himmel ist klarer und die warnow wieder spiegelglatt schön um mich herum bis zu ihren schilf-und baumgemischten bunten grünen ufern voller leben ohne menschen.

…freue ich mich, als ich näherkommende stimmen zu hören glaube bis ich mir dessen sicher bin und sie von motorengeräusch unterlegt lauter werden:
ein recht rechteckiges kleines ausflugs/partyboot mit wohl 15 lustigen leuten an bord und mit wappen an der warnow liegender orte auf seinem rumpf verziert kommt mir entgegen! alle freuen sich, mich zu sehen und keiner kuckt woanders hin! naja, sonst gibt´s hier ja auch nichts interessantes…
: “na, alles klar?” “alles bestens!” “hast wohl nichts zu trinken, wa?”
mir fällt keine antwort ein und es fährt vorbei…
warum hab´ ich das eigentlich nicht fotografiert? genau: weil ich sowas nicht fotografiere.
die sich mir schon manchmal gestellte frage, ob auf der warnow motorboote fahren ist jetzt beantwortet, nicht aber die, ob das erlaubt ist…
sollte es nicht!

und jetzt kommen auch noch häuser am ufer, idyllische kleine erholungshäusschen, jedes mit steg aber fast keins mit boot an diesen. ein pavillonzelt mit stimmen aus seinem inneren lässt mich eine gewesene oder kommende familienfeier vermuten und ich wünsche allen beteiligten viel spass, oder viel spass gehabt zu haben…mein´ ich wirklich ernst, wäre ich gerne dabei. ein gast steht am steg und blickt ins wasser und auch zu mir. mein “moin” wird aber nicht beantwortet. laut karte müssten diese häuser wohl zu vorbeck gehören.

auf der gesamten fahrt höre ich abundan die eisenbahn, die schnurgerade am gewundenen fluss entlag ihren fahrweg hat. berlin-rostock, also recht stark und schnell befahren; das stört aber nicht wirklich, damit kann man leben…nur einmal kommt der schienenstrang dem fluss so nahe, dass ich auf ihm fahrendes auch sehen kann. nur kurz.

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nur einmal kommt die bahn so nahunscharf wie seine geschichte unklar

kurz danach zwingt mich ein an einer kleinen badestelle an land liegender mittelgrosser fisch noch einmal zu einem landgang. ich versuche ja immer, wenn ich etwas nichtalltägliches sehe mir eine geschichte dazu auszudenken, aber zu einer ca. kiloschweren am strand liegenden schleie fällt mir keine ein. ein angler nimmt sowas doch mit…ein otter wohl auch…naja, werd´ ich wohl nie erfahren, wie dieser schöne fisch dahingekommen ist. nicht gebrauchter köderfisch für einen warnowwels vielleicht? nicht gebraucht und liegengelassen? aus dem angelbeuteeimer gesprungen oder gefallen, vom angesäuselten angler nicht bemerkt?

vielleicht eine stunde später bin ich am endpunkt dieser wirklich schönen spontankanutour am zeltplatz schwaan. kurz davor begegne ich dann dochnoch jemandem auf dem fluss, einem angler. (die ausflugbootfahrer zählen nicht!) auch der erwidert mein “moin” nicht…
schon lange bevor ich sie sehe höre ich badende zeltplatzgäste baden…
und beschliesse, wenn alles verpackt ist, auch noch mal in den fluss zu “springen”.
als ich das boot gerade an land gezogen habe legt am selben platz ein rentnerpaar in einem neuen pouch-boot an, ich schätze, dass sie beide schon mehr als 70jahre auf diesem planeten weilen und freue mich über diese begegnung, aus der sich noch ein kleines gespräch entwickelt: “na, auch in den regen gekommen?”
“ja, aber ich war grad im wald und bin nicht nass geworden”
“woll´n sie heut noch weiter?”
“ne, ich bin heute früh um 5 in bützow los, das reicht..”
“ah, bützow, da sind wir gestern hin, und auch wieder zurück”

okay denk´ ich mir, die sind zu zweit, die müssen ja doppeltsoviel schaffen…und bin wirklich beeindruckt!

wir reden noch ein wenig über boote und über´s bootfahrn, über die zu knappe zeit dafür und über beobachtungen am wasser. und mit meinen wildschwein-marder-otter-berichten beeindrucke ich dann die beiden ein wenig…”ne, wir haben bloss eisvögel gesehen…”
aber die sind ja hier nicht selten…

dann ruf´ ich den kanuverleiher an und sehe dabei zum ersten mal seit lospaddeln heute morgen die uhr: 13:10: “moin, ich bin jetzt am zeltplatz”
“und, schöne fotos gemacht?”
“jo, war ok”
“du, pack das boot einfach ans ufer und ich hol das denn nachher da ab, ich hab´ jetzt einfach zuviel zu tun…”
“echt? dann musst du mir einfach glauben, dass alles in ordnung ist…”
“da bin ich mir sicher”

vielen dank für dieses vertrauen!
vielen dank für dieses erlebnis!

bootsanleger zeltplatz schwaantschüss schönes boot

epilog

ich putze das boot so gut es mit den vorhandenen mitteln eben geht, drehe es kieloben und schiebe das paddel darunter, packe meine sachen und laufe los zum bahnhof.
das dauert gut ´ne halbe stunde und den brückenlandeplatz, der nur 5minuten vom bahnhof entfernt ist sehe ich nicht.
am fahrkartenautomaten gebe ich mein ziel bad doberan ein und habe die wahl zwischen “über rostock” für 4,50euro und “über 10” für 3,80euro…und da ich für “10” keine erklärung finde, nehme ich das teurere ticket und bin gegen halb drei in doberan.
dort steht ein abfahrbereiter schmalspurdampfzug “molli” am gleis gegenüber;
in einem seiner waggons eine truppe blasmusikanten, die ihre instrumente wirklich beherrscht und “auf der schwäbschen eisenbahn” zum besten gibt…
wenig später bin ich in fulgenkoppel und ernte selbstgepflanzte kartoffeln und stelle fest, dass ich vergessen habe im fluss zu baden.

ich kann auch selfies! muss nur noch lernen, dabei fröhlich zu kucken! schön, dass der ehering zu sehen ist!

 

Ein Gedanke zu „bützow – schwaan spontan

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