chaga! ich schaff das!
ich erfuhr vom chaga durch freund franz bei der winterwanderung 2011, als er einen entdeckte und einsammelte und mir doll von ihm vorschwärmte.
die geschichten, die er erzählte faszinierten mich: russische allroundmedizin seit hunderten von jahren! sehr selten und sehr wirkungsvoll.
steh ich voll drauf! glaub ich und zweifel ich nicht an!
entstanden in landen mit manchmal nur zwei einwohnern auf 100quadratkilometern muss an solchen geschichten einfach was dran sein!
der wissenschaftler nennt ihn Inonotus obliquus, der deutsche pilzspezialist Schiefer Schillerporling. chaga ist also ein pilz, ein baumpilz, der hauptsächlich an birken parasitiert und ganz langsam wachsend seinem wirt die säfte entzieht, ihn aber nicht tötet sondern an ihm wachsend seine besten eigenschaften sammelt und davon lebt. cooles gewächs!
und wenn man ihn geerntet und stückweise mit heissem wasser übergossen und getrunken hat gibt er sein sein an den trinkenden weiter und macht ihn stark.
sagt der russe, und dem glaub ich, wie gesagt.
naja, jedenfalls entdeckten freund franz und ich auf der winterwanderung 2020 an unserem ersten nachtlager, nur gut drei stunden nach aufbruch, eine birke mit gleich drei chagas in gut drei metern höhe.
und beschlossen, nochmal dahinzuwandern, um zu ernten. nicht jetzt gleich, weil unnötiges zusatzgewicht im rucksack dem alten mann nicht gut tut…(jedes gramm zählt…!)
“ganz schön hoch die dinger, wie kommwe daran?”
“wat gegenschmeissen?” “oder son abgestorbenen baum suchen und damit abkloppen?” …das schaffst du!
nun denn, am 25. februar hatte ich eine frühschicht, die um 12uhr37 beendet war und fuhr mal wieder mit selbem zug, den ich grade in meinen feierabend gefahren hatte um 13uhr24 zurück nach moidentin um die ernte zu vollziehen.
es war wettermässig schon den ganzen tag spannend: ungewöhnlich kräftige jahresanfangssonne schickte strahlendste strahlen durch löcher in dunkelgrauen wolken auf das weite heimatland. ich dachte an brenngläser, so gebündelt erschien mir das: die felder am wegesrand wirkten punktiert: überall dunkel mit extrem hellen punkten, faszinierend! dazu ein wind, der irgendwie nicht so richtig wusste, in welche richtung er denn blasen sollte. mal von da, mal von da kam er, mal frisch, mal extrem heftig. und im nächsten moment war er weg! flaute! verrückt!
in einem moment dachte ich, dass ich zu warm angezogen bin, im nächsten war mir arschkalt.
als ich ausstieg in moidentin zogen die grauen wolken über mich in meine richtung zum see hin, ziemlich schnell. in höhen hatte der wind also wohl eine richtung…
ich wandere am ufer des lostener sees richtung chagabirke durch nie erlebte wetter, total begeistert! natur ist wahnsinn!
dann kommt der regen: paar sekundenlang niesel und dann extremwasser von oben! fetteste tropfen wie hagelkörner! totaler krach auf den hölzern über mir und neben mir und auf dem see. und keine deckung weit und breit, kein laubdach so früh im jahr, kein schutz…
nicht mal eine minute dauert es, bis ich trotz wetterklamotten wie ein wischmob mich fühle und mich gern ausgewrungen hätte…krass! durch bis auf den schlüpper! und das nass ist scheissekalt!
der wasserkrach ist wirklich richtig laut und doch höre ich bald noch lauteres: es heult ein wind vom see, er brüllt mich an und biegt den regen in die waagerechte, schmeisst mich an den stamm einer starken uferbuche und hämmert als heftige böe in die baumkronen über mir…und bricht sie! und ein fetter stamm zersplittert und stürzt nicht weit vor mir quer über den uferweg und in den see! und jetzt hab ich richtig angst!
dann ist plötzlich ruhe! nach diesem mörderkrach abrupt totale stille! der wind ist weg! der regen ist weg! was ist hier los?
ich zitter am ganzen körper als ich mich von meiner buche löse, mich von ihr abstosse und auf wackligen füssen mich umsehe und zu begreifen versuche, was da grade passiert ist. ich sehe auf diesen riesenhaufen holz, der jetzt vor mir auf meinem weg liegt und kann das nicht wirklich begreifen. und ich sehe auf den see und der ist spiegelglatt und ich versteh auch das nicht! und ich sehe in den himmel und denke: scheisse!!:
vom bahnhof, wo ich herkam, ziehen graue wolken immernoch nach süden über den see, aber von dort, von süden, ziehen tiefschwarze wolken ihnen entgegen richtung norden! sie ziehen wohl in unterschiedlichen höhen, aber sie kommen nicht aneinander vorbei: sie fangen an sich ineinander zu verdrehen! und die schwarzen sind dominanter, die grauen verwirbeln sich in sich selbst und die schwarzen drumherum…es wird stockdunkel…es ist nochnichtmal 15uhr! ich geh zurück zu meiner buche und kralle mich in ihr fest und habe jetzt noch mehr angst, riesenangst:
immer schneller drehen sich die wolken über dem see, die grauen werden nach unten richtung see gedrückt und bald bewegt sich auch das seewasser mit ihnen im kreis und steigt nach oben in ihrem sog und lauter wird es wieder: zu heulen beginnt der wirbelwind, immer stärker, immer lauter! von weitem sieht das ganze wahrscheinlich grandios aus, dieser schwarze wirbel mit seinem grauen kern, von meiner position aus aber ganz anders! der see wellt sich bis zum ufer, im zentrum bestimmt ´n meter hoch und es wird immer noch lauter. der wirbel weitet sich immer weiter und zerrt bald an den bäumen um mich herum und lässt die fürchterliche geräusche machen wie ich noch nie welche gehört habe.
dann fängt es an zu donnern! klar, ja klar: jetzt auch noch gewitter und scheisse ja: ein blitz aus diesem inferno schlägt in einen baum hinter mir ein! nie im leben habe ich so ein geräusch gehört, so einen gewaltigen krach! und nie im leben hatte ich solche angst: und der baum steht sofort in hellsten flammen und seine spitze kracht hinter mir auf den weg und in den see und brennt und ich sehe mein ende vor mir! hier am ufer eines meiner lieblingsseen: gefangen zwischen gestürzten bäumen im wirbelsturm.
ja, so war das
oder hat der böenwind, der an diesem tag wirklich manchmal ganz schön heftg böhte und das jahresanfangslicht einfach nur eine geschichte in den geniessenden wanderer geweht?
auf jeden fall hab ich jetzt ca. drei kilo chaga.
mit einem abgestorbenen tannenbaum (dem stamm eines gefallenen nadelbaums, der da so rumlag) habe ich den von seiner birke geschlagen und mach mir jetzt einen “tee” aus ihm…